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Kirchengesetz
über die Ordnung des Lebens in der Gemeinde
– Lebensordnung –

vom 14. Juni 2019

(Ges. u. VOBl Bd. 17 Nr. 2 S. 46)

Lfd.
Nr.
Änderndes Recht
Datum
Fundstelle
Paragrafen
Art der
Änderung
1
Kirchengesetz zur Lebensordnung
14. Juni 2019
Neufassung
Die 37. ordentliche Landessynode hat auf ihrer Tagung am 14. Juni 2019 das folgende Kirchengesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Inhaltsübersicht

I.
II.
III.
I.
II.
III.
I.
II.
III.
I.
II.
III.
I.
II.
III.
I.
II.
III.
I.
II.
III.
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1. Gottesdienst

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

Jesus Christus sammelt, schützt und erhält seine Kirche in der Kraft des Heiligen Geistes durch sein Wort und Sakrament. Christus verheißt seine Gegenwart denen, die in seinem Namen zusammenkommen (Mt 18,20).
Im Gottesdienst versammelt sich die Gemeinde im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Sie kommt zusammen, um sein Wort zu hören und ihm zu antworten mit ihrem Lobpreis und ihrem Bekenntnis, mit Dank und Bitte. Durch Gottes Wort und Sakrament lässt sie sich stärken und senden zu ihrem Dienst in der Welt.
Seit den Anfängen der Kirche feiert die christliche Gemeinde am ersten Tag der Woche, dem Auferstehungstag ihres Herrn, Gottesdienst. Sie verkündigt so den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Sie dankt Gott für die Befreiung von Sünde und Tod und freut sich an den Gaben des Schöpfers. Wie der jüdische Sabbat ein Tag ist, an dem alle Geschöpfe an der Ruhe Gottes Anteil bekommen, so ist auch der Sonntag der Christen der Tag, an dem sie von ihren Werken ruhen sollen. 10 Die christliche Gemeinde feiert auch Gottesdienste zu anderen Zeiten, an anderen Orten und mit unterschiedlichen Gruppen. 11 Der sonntägliche Gottesdienst bleibt das Zentrum gemeindlichen Lebens, auch wenn nicht alle Gottesdienste am Sonntagmorgen stattfinden können.
12 Seine bleibenden Elemente sind:
  1. Die Verkündigung des e i n e n Wortes Gottes, Jesus Christus, „wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird.“ (Theologische Erklärung von Barmen, These I, vgl. EG 858 und Kol 3, 16f):
    „Lasst das Wort Gottes reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut, mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“
    So vielfältig die Formen der Verkündigung auch sind, so unverzichtbar ist, dass das Wort Gottes öffentlich verkündigt wird, dass es an das Zeugnis der Heiligen Schrift gebunden ist und an ihm geprüft werden muss. Die Kirchenmusik ist dabei auf ihre Weise Verkündigung des Evangeliums.
  2. Die Antwort der Gemeinde auf das Wort Gottes geschieht in Anbetung, Lobpreis, Bekenntnis, Klage, Dank und Fürbitte „Ermuntert einander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 5,19f). Damit hat die Kirche schon jetzt Anteil am Glanz und an der Freiheit der zukünftigen Welt (Röm 8,18).
  3. Die Feier der Taufe und des Abendmahls:
    „Denn wir sind durch e i n e n Geist alle zu e i n e m Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und wir sind alle mit e i n e m Geist getränkt.“ (1 Kor 12,12).
    „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“ (Apg 2,42).
    Auch in der Gesamtgestalt des Gottesdienstes kommt zum Ausdruck, dass alle Gemeindemitglieder zum Leib Christi zusammengeschlossen sind und jede und jeder mit seinen und ihren Gaben ein besonderes Glied dieses Leibes ist.
  4. Die Ermutigung und Sendung zum Dienst in der Welt unter dem Segen Gottes:
    In Wort und Sakrament erfährt die Gemeinde Vergewisserung im Glauben und wird ermutigt, Gott und den Menschen zu dienen. Sie bringt ihren Dank für Gottes Gaben, Kummer und Freude, Konflikte und Nöte im Gebet und in der Fürbitte vor Gott. Kollekten und Spenden sind Zeichen der Dankbarkeit und gleichzeitig Hilfe für Menschen in Not. Christus sendet seine Jünger in die Welt, damit sie seinen Frieden bezeugen. „Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh 20,21). Gott sendet seine Gemeinde an jedem Sonntag neu aus und segnet sie.
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II. Regelungen

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§ 1
Feier des Gottesdienstes

( 1 ) Die christliche Gemeinde feiert wöchentlich, in der Regel sonntags und an den kirchlichen Feiertagen Gottesdienst. Auch gemeinsame Gottesdienste mehrerer Gemeinden einer Region sind möglich. Der Kirchenvorstand bzw. die Kirchenvorstände beschließen Zeit und Ort. Für Kinder und Jugendliche werden Gottesdienste in geeigneter Form angeboten. Sie können von Pfarrerinnen und Pfarrern, Prädikantinnen und Prädikanten, Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen, Diakoninnen und Diakonen und ehrenamtlich Mitarbeitenden gestaltet werden. Sie werden von der zuständigen Pfarrerin bzw. dem zuständigen Pfarrer theologisch verantwortlich begleitet. Gemeinsame Gottesdienste sollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene miteinander verbinden.
( 2 ) Eine Verminderung der Zahl der regelmäßigen Gottesdienste bedarf der Zustimmung des Landeskirchenamtes.
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§ 2
Liturgische Form

Der Verlauf des Gottesdienstes folgt den liturgischen Ordnungen, die für die reformierten Klassen von der Landessynode, für die lutherische Klasse vom lutherischen Klassentag beschlossen werden. Werden diese Ordnungen verändert oder durch neue Elemente ergänzt, wie z. B. bei Familiengottesdiensten oder ökumenischen Gottesdiensten, so muss doch die Grundstruktur der Gottesdienstordnung erkennbar bleiben.
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§ 3
Verkündigung

Die Verkündigung ist an die Heilige Schrift beider Testamente gebunden. Die Predigt muss bei aller Vielfalt der Gestaltungsformen einen klaren Schriftbezug erkennen lassen. Die Lesungen folgen in der Regel der Übersetzung Martin Luthers. Die Verwendung weiterer Übersetzungen ist möglich und wünschenswert.
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§ 4
Kirchenmusik

Kirchenmusik ist Verkündigung und Lob Gottes. Gottesdienstliche Musik muss sich daran messen lassen, ob sie dem entspricht. Die Gemeinde singt im Gottesdienst aus dem Evangelischen Gesangbuch in der jeweils gültigen Fassung. Der Reichtum des Gesangbuches soll genutzt und darüber hinaus neues Liedgut einbezogen werden.
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§ 5
Gebet

Im Gebet wendet sich die Gemeinde Gott zu in Lob und Dank, Klage und Bitte und in der Stille.
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§ 6
Mitgestaltung durch Gemeindemitglieder

Weil der Gottesdienst Sache der ganzen Gemeinde ist, wirken Gemeindemitglieder in ihm mit. Sie können besondere Aufgaben übernehmen wie z. B. Lesungen, die Verkündigung und musikalische Elemente.Gemeinsam mit der Pfarrerin, dem Pfarrer, der Prädikantin, dem Prädikanten, der Diakonin, dem Diakon, der Gemeindepädagogin, dem Gemeindepädagogen gestalten sie den Gottesdienst. Es muss geklärt sein, bei wem die theologische Verantwortung liegt.
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§ 7
Kollekten

Zum Gottesdienst gehört die Kollekte, mit der die Gemeinde ihre Dankbarkeit Gott gegenüber zum Ausdruck bringt und Not in der Welt lindern hilft. Die Kollekte kann während des Gottesdienstes oder am Schluss eingesammelt werden. Der landeskirchliche Kollektenplan ist dabei einzuhalten. Den Zweck der durch ihn nicht festgelegten Kollekten bestimmt der Kirchenvorstand. Es finden in der Regel zwei Sammlungen im Gottesdienst statt, von denen eine für die Diakonie in der eigenen Gemeinde bestimmt sein soll.
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§ 8
Bekanntmachungen und Abkündigungen

Bekanntmachungen und Abkündigungen haben ihren Ort vor der Fürbitte. In den Bekanntmachungen werden Veranstaltungen und Anliegen der Gemeinde mitgeteilt. Sie sollen auf ein Mindestmaß reduziert werden, können auch in ausführlicherer Form anderweitig veröffentlicht werden. Verfügungen und Verlautbarungen nichtkirchlicher Stellen haben in den Bekanntmachungen keinen Platz. In den Abkündigungen werden Amtshandlungen bekannt gegeben. Die Menschen, auf die sie sich beziehen, werden der Fürbitte der Gemeinde befohlen.
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§ 9
Glockengeläut

Die Glocken rufen die Gemeinde zum Gottesdienst und erinnern sie an das Gebet. Soll zu anderen Anlässen geläutet werden, so ist dafür die Genehmigung des Landeskirchenamtes erforderlich. Die in der Gemeinde übliche Läuteordnung ist zu beachten.
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§ 10
Kirchengebäude

( 1 ) Die Kirchengebäude dienen der Versammlung der Gemeinde zu ihren Gottesdiensten und anderen Gemeindeveranstaltungen. Über die Bereitstellung gottesdienstlicher Räume für nichtgottesdienstliche Veranstaltungen beschließt der Kirchenvorstand, in Zweifelsfällen entscheidet das Landeskirchenamt.
( 2 ) Kirchen dürfen nur mit der Kirchenfahne beflaggt werden. Eine Beflaggung aus nichtkirchlichen Anlässen bedarf der Genehmigung des Landeskirchenamtes.
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III. Kommentar

  1. Die Gottesdienstgestaltung soll sich im Horizont des weltweiten ökumenischen Miteinanders und mit Bewusstsein für den jüdisch-christlichen Dialog vollziehen.
  2. Gesellschaftlicher Wandel, aber auch eine veränderte Personalsituation machen eine größere Flexibilität im Blick auf die Uhrzeit des Gottesdienstes erforderlich. Darin liegen auch Chancen, besser auf Bedürfnisse von Familien und Berufstätigen einzugehen.
  3. Der Gottesdienstraum und die der Vorbereitung dienenden Räume sollen würdig und ihrer Aufgabe entsprechend gestaltet sein. Sie sollen z. B. nicht gleichzeitig Abstellfläche für nicht gebrauchte Gegenstände sein.
  4. Die im Gottesdienst Beteiligten sollen dem Anlass angemessene Kleidung tragen. Im Blick auf die liturgische Kleidung gilt die Ordnung, die im Pfarrdienstgesetz bzw. in der Prädikantenordnung festgelegt ist.
  5. Die Lesungen im Gottesdienst folgen in der Regel der Übersetzung Martin Luthers. In bestimmten Situationen können andere Übersetzungen sinnvoll sein. Eine vom Luthertext abweichende Übersetzung soll kenntlich gemacht werden.
  6. In jedem Fall ist es unumgänglich, Lesungen sorgfältig vorzubereiten. Lektorinnen und Lektoren brauchen dabei Schulung. Fortbildungen haben sich an dieser Stelle bewährt.
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2. Heilige Taufe

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

Die christliche Kirche tauft, weil Jesus Christus, geboten hat: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“ (Mt 28,18-20).
Die Taufe in den Tod Christi (Röm 6,3-11), das Bekenntnis zu ihm als dem Herrn, dem alle Macht gegeben ist, und das durch den heiligen Geist gewirkte dankbare Vertrauen bestimmen das Taufgeschehen und sind für seine Bedeutung und Ordnung grundlegend.
  1. Nach dem Zeugnis des Neuen Testaments sind Menschen, die an Jesus Christus glauben und auf seinen Namen getauft wurden, zu einem neuen Leben wiedergeboren (Röm 6,3-11; Kol 2,12; Tit 3,5). Ihr Leben untersteht nicht mehr den Mächten dieser Welt, sondern hat in Jesus Christus einen neuen Herrn bekommen (Röm 6,12-23; 2 Kor 5,14f; Röm 14,7-9).
    Die Getauften sind mit einem neuen Geist beschenkt (Apg 2, 38) und dazu berufen, Gott in Freiheit zu dienen (Eph 2,1-6). Sie leben mit der Verheißung, dass ihr Leben schon jetzt Zeichen und Anfang der neuen Schöpfung Gottes ist (2 Kor 5,17; Jak 1, 18).
  2. Die Taufe ist gültig, wenn sie, auf den Taufbefehl (Mt 28,18-20) gegründet, auf den Namen (reformierte Tradition) beziehungsweise im Namen (lutherische Tradition) des dreieinigen Gottes mit Wasser vollzogen wird. Zur Taufe gehören unverzichtbar Wort und Wasser. In der frühen christlichen Kirche wurden die Täuflinge bei ihrer Taufe ganz unter Wasser getaucht zum Zeichen, dass ihr altes Leben in den Tod gegeben und ihnen ein neues Leben aus der Macht und Gnade Gottes geschenkt wurde. Auch da, wo die Taufe durch Übergießen mit Wasser vollzogen wird, ist sie wirksames Zeichen des neuen Lebens in Christus.
  3. Die Taufe kann für einen Menschen zu einem neuen Leben und Wandel führen, wenn sie im Glauben, den Gott schenkt, empfangen und festgehalten wird. So sind Glaube, Bekenntnis und Taufhandlung untrennbar miteinander verbunden. Wird ein Kind getauft, bekennen Eltern, Patinnen, Paten und die Gemeinde ihren Glauben und versprechen, dafür Sorge zu tragen, dass das Kind in diesen Glauben hineinwachsen kann. Die Kindertaufe betont die bedingungslose Annahme eines Menschen durch Gott. Bei der Taufe von Jugendlichen und Erwachsenen liegt der Schwerpunkt auf dem eigenen Bekenntnis zu Gott. Beide Formen der Taufe (Erwachsenen- und Kindertaufe) sind gleichwertig, betonen aber jeweils einen besonderen Aspekt. Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift ist die Taufe ein einmaliges unwiederholbares Zeichen der Gnade Gottes (Röm 6,10f). Unabhängig von menschlichem Streben geht die Gnade Gottes unserer Entscheidung immer voraus (Eph 2,8f).
  4. Christinnen und Christen brauchen Tauferinnerung und Taufvergewisserung, damit sie im Glauben empfangen, was ihnen in der Taufe zugesagt worden ist: die Vergebung der Sünden (1 Joh 1,7) und die Auferweckung zu einem neuen Leben in der Nachfolge Jesu Christi (Röm 6,4; Eph 2,4-10).
  5. Die Taufe ist allen christlichen Kirchen gemeinsam. Sie ist sichtbares Zeichen der Einheit des Leibes Christi. Durch die Taufe werden Menschen in die weltweite Gemeinschaft des Leibes Christi aufgenommen (1 Kor 12,13). Die Taufe begründet zugleich die Aufnahme in eine bestimmte Gemeinde und wird in der Regel im Gottesdienst dieser Gemeinde vollzogen. Die Taufe eröffnet den Zugang zum Abendmahl.
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II. Regelungen

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§ 1
Die Taufvorbereitung

( 1 ) Zur Heiligen Taufe gehört die Taufvorbereitung, die über die Verheißung und die Verpflichtung der Taufe informiert. Sie richtet sich in ihrer Form nach dem Lebensalter der Täuflinge.
( 2 ) Sollen nicht religionsmündige Kinder getauft werden, so führt die Pfarrerin oder der Pfarrer mit den Eltern und möglichst auch mit den Paten ein Taufgespräch.
( 3 ) Nehmen Jugendliche am Konfirmandenunterricht teil, die noch nicht getauft sind, so ist der kirchliche Unterricht die zur Taufe hinführende Taufunterweisung. Die Taufe wird dann im Verlauf der Konfirmandenzeit, in der Regel in deutlichem zeitlichen Abstand zur Konfirmation oder anstelle der Konfirmationshandlung im Konfirmationsgottesdienst vollzogen.
( 4 ) Der Taufe Erwachsener geht eine geeignete Taufunterweisung voraus.
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§ 2
Der Taufgottesdienst

( 1 ) Im Taufgottesdienst wird der Täufling nach dem Befehl Jesu auf den Namen (reformierte Tradition) beziehungsweise im Namen (lutherische Tradition) des dreieinigen Gottes durch dreimaliges Übergießen mit Wasser getauft.
( 2 ) Die Taufe findet in der Regel im Gottesdienst der Gemeinde statt und wird nach der geltenden Agende gefeiert. Die Täuflinge werden namentlich genannt, Eltern, Patinnen und Paten können der Gemeinde vorgestellt werden. Sie werden der Fürbitte der Gemeinde befohlen.
( 3 ) Die Gelegenheit zur Taufe soll mindestens an einem Sonntag im Monat gegeben werden.
( 4 ) Die Taufe findet in der Regel in den Gottesdiensträumen der Gemeinde statt. Taufgottesdienste an anderen Orten sind möglich, bedürfen aber der Genehmigung des Kirchenvorstands. Auch diese Taufgottesdienste sind öffentlich. Die Gemeinde wird dazu eingeladen.
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§ 3
Zuständigkeit

( 1 ) Die Taufe vollzieht eine Pfarrerin oder ein Pfarrer. Sie geschieht in der Regel in der Gemeinde, in der der Täufling seinen Wohnsitz hat.
( 2 ) Wenn die Taufeltern oder der Täufling die Taufe durch eine andere Pfarrerin oder einen anderen Pfarrer oder in einer anderen Gemeinde als der zuständigen Kirchengemeinde wünschen, ist ein Dimissoriale (Erlaubnis) der zuständigen Pfarrerin oder des zuständigen Pfarrers erforderlich. Die Erteilung des Dimissoriales darf aus Gründen abgelehnt werden, aus denen die Taufe zurückgestellt werden kann (§ 5). Lehnt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer aus anderen schwerwiegenden Gründen das Dimissoriale ab, kann sie bzw. er dies nur im Benehmen mit der Superintendentin bzw. dem Superintendenten tun.
( 3 ) In Notfällen kann die Taufe von jeder getauften Christin und jedem getauften Christen in Gegenwart einer Zeugin oder eines Zeugen vollzogen werden. Die Taufe ist unverzüglich der zuständigen Kirchengemeinde zur Beurkundung mitzuteilen.
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§ 4
Die Taufpaten

( 1 ) Zur Taufe eines Kindes werden in der Regel Paten berufen.
( 2 ) Patin oder Pate kann werden, wer getauft und konfirmiert oder im religionsmündigen Alter Mitglied der evangelischen Kirche geworden ist. Auch Mitglieder einer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) oder dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) angehörenden Kirche sind zum Patenamt berechtigt. Mindestens eine Patin oder ein Pate soll der evangelischen Kirche angehören.
( 3 ) Gehört eine Patin oder ein Pate nicht zur Gemeinde des Täuflings und der Taufeltern und ist die Berechtigung zum Patenamt nicht bekannt, ist eine Patenbescheinigung der zuständigen Kirchengemeinde vorzulegen. Gehört eine Patin oder ein Pate einer christlichen Kirche an, die solche Bescheinigungen nicht ausstellt, so erklärt sie oder er durch Unterschrift ihre oder seine Mitgliedschaft.
( 4 ) Das Patenamt erlischt mit dem Austritt aus der Kirche.
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§ 5
Zurückstellung von der Taufe

( 1 ) Die Taufe ist zurückzustellen, wenn die Eltern das Taufgespräch verweigern oder wenn ein Elternteil bzw. der sorgeberechtigte Elternteil die Taufe seines Kindes ablehnt.
( 2 ) Die Taufe eines Erwachsenen ist zurückzustellen, wenn die oder der Betreffende nicht bereit ist, an einer Taufunterweisung teilzunehmen oder wenn das Taufgespräch ergibt, dass das Begehren nicht ernsthaft ist.
( 3 ) Die Zurückstellung von der Taufe sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen. Der Kirchenvorstand ist zu informieren und die Entscheidung ist mit der Superintendentin oder dem Superintendenten zu erörtern.
( 4 ) Die Taufe eines Kindes, dessen Eltern nicht der evangelischen Kirche (oder einer anderen christlichen Kirche oder Glaubensgemeinschaft) angehören, kann nur vollzogen werden, wenn die Eltern ausdrücklich erklären, dass ihr Kind mit der Taufe ein Gemeindemitglied der evangelischen Kirche werden soll. Die Paten und die Gemeinde unterstützen die Eltern bei der evangelischen Erziehung des Kindes.
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§ 6
Einmaligkeit der Taufe

Die Taufe ist eine unwiederholbare Handlung. Daher ist jegliche Praxis, die als Wiedertaufe ausgelegt werden kann, auszuschließen. Die gegenseitige Anerkennung der Taufe ist ein Merkmal der weltweiten ökumenischen Gemeinschaft.
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§ 7
Beurkundung und Bescheinigung

( 1 ) Jede Taufe ist nach der jeweils geltenden Fassung der Kirchenbuchordnung in den für die Amtshandlung vorgesehenen Kirchenbüchern und Verzeichnissen zu beurkunden.
( 2 ) Die Taufe ist zu bescheinigen. Patinnen und Paten erhalten einen Patenbrief.
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III. Kommentar

  1. Die Taufe ist das Band, das alle Christinnen und Christen miteinander verbindet. Sie ist sichtbares Zeichen der Liebe Gottes zu uns Menschen. Der Taufgottesdienst soll deshalb auch als Fest der weltweiten, christlichen Gemeinde gefeiert werden.
  2. Die Segnung eines Kindes nach der Geburt kann auf Wunsch der Eltern erfolgen. Sie ersetzt die Taufe nicht und soll sich liturgisch erkennbar von der Taufhandlung unterscheiden.
  3. Die Gestaltung der Tauffeier im Gottesdienst soll den Festcharakter der Taufe zum Ausdruck bringen. Deutende Zeichen wie das Taufkleid, die Taufkerze und die Segnung der Familie (bzw. der Sorgeberechtigten) können helfen, dem Täufling und der Taufgemeinde die Bedeutung der Taufe zu entfalten.
  4. Zu jeder Taufe gehört das Taufgespräch mit den Eltern, möglichst auch mit den Paten. Mehrfache Besuche können den Kontakt vertiefen und Taufeltern und Paten ermutigen, bei der Gestaltung der Tauffeier mitzuwirken. Die Bedeutung des Taufspruchs soll ebenso Thema des Taufgesprächs sein wie die Mitwirkungsmöglichkeiten im Gottesdienst. Dazu bieten sich z.B. das Auswählen des Taufspruchs, der Lieder, die Lesung des Taufevangeliums, das Sprechen der Segensworte für den Täufling, das Fürbittengebet und das Entzünden der Taufkerze an.
  5. Manchmal fällt es Eltern schwer, geeignete Taufpaten zu finden, die Mitglied einer christlichen Kirche sind. Eine Taufe kann auch ohne Paten stattfinden, denn die Taufverantwortung ist Aufgabe der ganzen Gemeinde. Es ist auch möglich, dass Gemeindemitglieder sich bereit erklären, das Patenamt zu übernehmen. In diesem Fall ist die sorgfältige Gestaltung des Kontaktes zur Tauffamilie besonders wichtig. Die Gemeinden sollten darüber hinaus bedenken, wie die Begleitung von Tauffamilien Gestalt annehmen kann. Tauferinnerung, Kindergottesdienst und Kinderkirche, Familien- bzw. Elternpatenschaften, Elternarbeit in Kindergärten und Schulen und Glaubensseminare können den Eltern bei der Erziehung der Kinder zum Glauben helfen und sie in den Stand setzen, selbst Auskunft über ihren Glauben zu geben.
  6. Das Familienbild hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. „Patchworkfamilien“ und vielfach auch Einelternfamilien bestimmen zunehmend das Bild in unserer Gesellschaft und auch in unseren Kirchengemeinden. Tauffeste und besondere kirchliche Angebote wie z. B. Treffs für Alleinerziehende können helfen, dass sich auch diese Familien in ihrer Kirchengemeinde willkommen fühlen. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass Tauffeste Menschen ermutigen, sich und ihre Kinder taufen zu lassen. Die inhaltliche Vorbereitung und Begleitung der Täuflinge und ihrer Familien ist bei diesen Taufgelegenheiten besonders wichtig, wenn die Taufe den Zugang zur Gemeinde eröffnen soll.
  7. Zunehmend besuchen Jugendliche den Kirchlichen Unterricht, die noch nicht getauft worden sind. Gerade für sie ist es wichtig, einen Taufgottesdienst zu erleben, der ihnen das Geheimnis des Glaubens und die Zusage der Liebe Gottes nahe bringt. Die Feier der Osternacht kann z.B. als ursprünglicher Ort für die Heilige Taufe wiederentdeckt werden.
  8. Um dem weltweiten ökumenischen Charakter der Taufe gerecht zu werden, ist es notwendig, die Taufpraxis an den in der Ökumene üblichen Formen zu orientieren. Der Täufling soll durch dreimaliges Übergießen mit Wasser getauft werden. Wo der Wunsch besteht und es die Gegebenheiten zulassen, kann auch die Ganztaufe vollzogen werden. Dreimaliges Berühren mit benetzten Fingern entspricht nicht der Praxis in der Ökumene.
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3. Abendmahl

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

Die Gemeinde feiert das Heilige Abendmahl, weil Jesus Christus nach dem Zeugnis der Schrift geboten hat: „…das tut zu meinem Gedächtnis… Denn sooft ihr von diesem Brot esst und von dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“ (1 Kor 11, 24f).
Nach dem Bericht der ersten drei Evangelien feierte Jesus vor seinem Tod mit seinen Jüngern das jüdische Passahmahl (Mk 14,12-25; Mt 26,17-30; Lk 22,7-23). Dabei nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es den Jüngern mit den Worten: „Nehmet; das ist mein Leib“ (Mk 14,22). Ebenso nahm er auch den Kelch, sprach den Lobpreis und reichte ihn seinen Jüngern mit den Worten: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird“ (Mk 14,24). Darin gab Jesus den Seinen Anteil an seinem bevorstehenden Leiden und Sterben und berief sie zur Gemeinde des erneuerten Bundes. Seit der Auferweckung Jesu von den Toten feiert die christliche Gemeinde das Abendmahl als ein Mahl, das ihr Herr selbst gestiftet hat und bei dem sie seine lebendige Gegenwart erfährt (Lk 24,30f).
  1. Die Leuenberger Konkordie von 1973 formuliert als gemeinsames evangelisches Verständnis des Abendmahls: „Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. Er gewährt uns dadurch Vergebung der Sünden und befreit uns zu einem neuen Leben aus Glauben. Er lässt uns neu erfahren, dass wir Glieder an seinem Leibe sind. Er stärkt uns zum Dienst an den Menschen. Wenn wir das Abendmahl feiern, verkündigen wir den Tod Christi, durch den Gott die Welt mit sich selbst versöhnt hat. Wir bekennen die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter uns. In der Freude, dass der Herr zu uns gekommen ist, warten wir auf seine Zukunft in Herrlichkeit“ (Leuenberger Konkordie, 15-16, vgl. EG 859).
    Nach dem Zeugnis der Schrift ist das Abendmahl die Feier der Gegenwart Christi als Mahl des Gedächtnisses, der Vergebung, der Gemeinschaft, der Freude und Stärkung und der Hoffnung. Als „sichtbares Wort“ (verbum visibile) ist es Verkündigung des Evangeliums.
  2. Diese Aspekte erscheinen als besonders wichtig:
    Wie die Taufe, so kann auch das Abendmahl nur im Glauben empfangen werden. Das bedeutet nicht, dass ein dogmatisch richtiges Denken oder ein vollkommener Lebenswandel Bedingungen für den Empfang des Sakraments sind. „Würdig und wohlgeschickt“ ist der, der „den Glauben hat an diese Worte: ‚Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden’“ (Martin Luther, Kleiner Katechismus: Das Sakrament des Altars oder das Heilige Abendmahl, vgl. EG 855.5). Darum sollen die zum Tisch des Herrn kommen, „die sich selbst um ihrer Sünden willen missfallen und doch vertrauen, dass Gott sie ihnen vergeben hat und dass auch die bleibende Schwachheit mit dem Leiden und Sterben Christi zugedeckt ist, die aber auch begehren, mehr und mehr ihren Glauben zu stärken und ihr Leben zu bessern“ (Heidelberger Katechismus, Frage 81, vgl. EG 856). Das Abendmahl wird in der christlichen Kirche als Mahl der Getauften gefeiert. Während die Taufe ein einmaliges Geschehen ist und die Gemeinschaft eines Menschen mit Christus begründet, dient das Abendmahl der Vergewisserung und Erneuerung dieser Gemeinschaft. Christus ist der Einladende. Deshalb ist die Feier des Abendmahls in unseren Gemeinden offen für Christen und Christinnen, die ande¬ren Konfessionen angehören.
  3. Ökumenische Begegnungen und Gespräche haben darüber hinaus folgende gemeinsame Aspekte des Abendmahls wesentlich erscheinen lassen:
    Die Feier des Abendmahls ist Danksagung für Gottes Schöpfung und sein Heilshandeln. Sie bringt die Bitte der versammelten Gemeinde um das Wirken des Heiligen Geistes zum Ausdruck. Das Teilen des Brotes und des einen Kelches sind Schritte auf dem Weg zu umfassender Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Im Abendmahl gewinnt die Vorfreude auf das kommende Reich Gottes Raum, in dem Sünde, Unrecht und Tod besiegt sein werden. Es gibt die Freiheit, im Alltag das Beste für den Nächsten zu suchen.
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II. Regelungen

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§ 1
Die Feier des Abendmahls

( 1 ) Die Feier des Abendmahls ist Teil des Gemeindegottesdienstes. Ihre Gestaltung richtet sich nach der in der Gemeinde geltenden Agende. Unverzichtbar ist, dass die Einsetzungsworte gesprochen oder gesungen und Brot und Kelch gereicht werden.
( 2 ) Mindestens einmal im Monat soll die Gemeinde im Gottesdienst die Gelegenheit haben, das Abendmahl zu empfangen. An hohen kirchlichen Feiertagen ist es wünschenswert, Gottesdienste mit Abendmahl zu feiern.
( 3 ) Abendmahlsfeiern in Privathäusern stehen im Zusammenhang mit dem Gemeindegottesdienst. Dies kann zeichenhaft zum Ausdruck gebracht werden, wenn z.B. Abendmahlsbrot aus dem Gottesdienst dazu mitgenommen wird.
( 4 ) Das Abendmahl kann mit einer gemeinsamen Mahlzeit verbunden werden (Feierabendmahl), es muss jedoch als Mahl Jesu Christi erkennbar bleiben.
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§ 2
Die Teilnahme am Abendmahl

( 1 ) Zur Feier des Abendmahls ist jede getaufte Christin und jeder getaufte Christ eingeladen.
( 2 ) Die Gemeinde hat grundsätzlich den Auftrag, getaufte und noch nicht konfirmierte Kinder und Jugendliche auf die Teilnahme am Abendmahl vorzubereiten.
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§ 3
Die Einsetzung des Abendmahls

Die Abendmahlsfeier wird von einer ordinierten Pfarrerin oder einem ordinierten Pfarrer oder von einer mit der Sakramentsverwaltung beauftragten Person geleitet. Kirchenälteste und andere Gemeindemitglieder können und sollen an der Gestaltung der Feier und bei der Austeilung des Abendmahls mitwirken.
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§ 4
Die Gestalt des Abendmahls

( 1 ) In der evangelischen Kirche wird das Abendmahl unter beiderlei Gestalt (Brot und Kelch) gefeiert. Auch wenn aus individuellen Gründen nur ein Element des Abendmahls empfangen werden kann, wird darin der ganze Christus empfangen.
( 2 ) In jeder Gemeinde sollen Abendmahlsfeiern mit Wein und oder mit Traubensaft angeboten werden. Über Form und Häufigkeit beschließt der Kirchenvorstand.
( 3 ) Das in den Einsetzungsworten begründete Trinken aus dem Kelch darf bei allen Fragen der Gestaltung (Intinctio, Einzelkelche) nicht ausgeschlossen werden.
( 4 ) Weitere Formen der liturgischen Gestaltung sind im Rahmen der geltenden Agende vom Kirchenvorstand zu beschließen.
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III. Kommentar

  1. Die Vorbereitung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auf das Abendmahl soll sorgfältig geschehen und regelmäßig ermöglicht werden. Sie ist z.B. Teil der Konfirmandenarbeit; außerdem bieten z.B. der Kindergottesdienst, Kindergruppen, Bibelwochen, Freizeiten und Kinderchorgruppen gute Möglichkeiten, einen altersentsprechenden Zugang zum Abendmahl zu eröffnen. Auch die Vorbereitung in der Familie ist möglich.
  2. Gestaltungsformen der Abendmahlsfeier, die über das hinausgehen, was die jeweilige Agende bietet, bedürfen sorgfältiger Überlegung und Begründung, damit sie Menschen, die zum Abendmahl kommen, nicht verunsichern, vereinnahmen oder überfordern.
  3. Brot, Oblaten, Wein und Traubensaft sollen von guter Qualität sein. Es ist darauf zu achten, dass die Ordnung auf dem Abendmahlstisch beziehungsweise auf dem Altar der Feier entspricht. Abendmahlsbrot und Wein beziehungsweise Saft, die auf dem Abendmahlstisch oder Altar gestanden haben, sollen nach dem Gottesdienst als Schöpfungsgabe weiterverwendet oder dem Erdreich zurückgegeben werden.
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4. Konfirmation

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

  1. Mit dem Taufbefehl ist der christlichen Gemeinde eine besondere Verpflichtung zur Unterweisung in Lehre und Praxis des christlichen Glaubens aufgetragen (Mt 28,18-20). Eine eigene biblische Weisung für die Konfirmation gibt es nicht. Sie ergibt sich aus der Praxis der Kindertaufe und dem damit verbundenen stellvertretenden Bekenntnis der Eltern und Paten. Bei der Konfirmation wird dieses Bekenntnis durch die Getauften selbst in einem Gottesdienst öffentlich bekräftigt. Sie antworten auf Gottes Zuspruch, den sie in der Taufe empfangen haben, und sie bekennen sich zu ihm. Sie empfangen Gottes Segen. Eingebettet ist die Konfirmationshandlung in den kirchlichen Auftrag (Unterricht und Teilnahme am Gottesdienst, Kol 2,6f) und die begleitenden und nachfolgenden kirchlichen Angebote.
  2. In der Feier der Konfirmation werden verschiedene Aspekte verbunden:
    Neben dem öffentlichen Bekenntnis werden die Konfirmandinnen und Konfirmanden im Konfirmationsgottesdienst gesegnet. Die Gemeinde bittet für sie zu Gott und lädt sie zur Feier des Abendmahls ein. Mit der Konfirmation erkennt die Gemeinde die Konfirmierten als verantwortliche Gemeindemitglieder an (1 Petr 3,15). Der Auftrag der Kirche zur Unterweisung und Begleitung bleibt bestehen und umfasst das ganze Leben (2 Tim 3,14 f). Die Gemeinde hat im Rahmen der Konfirmandenarbeit die Möglichkeit, die Jugendlichen auch in einer wichtigen Lebensphase des Erwachsenwerdens zu begleiten.
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II. Regelungen

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§ 1
Die Konfirmandenarbeit

In der Regel sind es Kinder und Jugendliche, die zur Teilnahme an der Konfirmandenarbeit eingeladen werden. Die Gemeinde und die zu Konfirmierenden gehen eine wechselseitige Verpflichtung ein, die Zeit der Vorbereitung zu nutzen und zu gestalten.
  1. Anmeldung und Zuständigkeit
    Jugendliche sind in der Regel im Alter zwischen 12 und 14 Jahren (7./8. Schuljahr) zur Konfirmandenarbeit eingeladen. Veränderte Rahmenbedingungen in Schule und Pfarramt oder besondere inhaltliche Zielsetzungen können es dem Kirchenvorstand nahe legen, Konfirmandenarbeitsmodelle mit anderem Altersspektrum anzubieten. Die Anmeldung erfolgt bei der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer. Besteht der Wunsch, dass eine Konfirmandin oder ein Konfirmand in einer anderen Gemeinde die Konfirmandenarbeit besucht und konfirmiert wird, bedarf es vor Beginn der Einwilligung der zuständigen Gemeindepfarrerin oder des zuständigen Gemeindepfarrers (Dimissoriale). Die Erteilung des Dimissoriales darf nur aus Gründen abgelehnt werden, aus denen eine Konfirmation aufgeschoben werden kann (§ 1 Nr. 6). Lehnt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer aus anderen schwerwiegenden Gründen das Dimissoriale ab, kann sie oder er dies nur im Benehmen mit der Superintendentin oder dem Superintendenten tun. Konfirmandinnen und Konfirmanden, die während der Zeit der Konfirmandenarbeit den Wohnort wechseln, erhalten eine Bescheinigung über die Teilnahme und legen diese der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer in der Kirchengemeinde ihres neuen Wohnortes vor.
  2. Mitwirkung in der Konfirmandenarbeit
    Die Beteiligung von Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen, weiteren Mitarbeitenden, Eltern, engagierten Gemeindemitgliedern an der Konfirmandenarbeit und am Konfirmationsgottesdienst ist möglich und wünschenswert. Der Kirchenvorstand trägt gemeinsam mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer die Verantwortung.
  3. Inhalte und Ziele der Konfirmandenarbeit
    In der Konfirmandenarbeit werden die Erfahrungen der Konfirmandinnen und Konfirmanden in ihrer Beziehung zu sich selbst, zu den Mitmenschen, zur Schöpfung und zu Gott auf dem Hintergrund des biblischen Zeugnisses betrachtet. Dazu werden die Aussagen der Heiligen Schrift und der in den Gemeinden geltenden Bekenntnisse in Beziehung zum Leben der Jugendlichen gesetzt. Die Konfirmandenzeit ist auch eine Zeit, in der Jugendliche mit ihrer Gemeinde leben und Formen des Glaubens einüben. Ziel ist es, dass sie den Glauben als tragendes Fundament für ihr Leben entdecken. Der Weg dahin soll subjektorientiert Religiosität persönlich erfahrbar machen. Der von der Synode beschlossene Rahmenplan für die Konfirmandenarbeit steht als fakultatives Angebot zur Verfügung. Auf Klassenebene getroffene Verabredungen über Lernstoffe sind zu beachten.
  4. Teilnahme der Konfirmandinnen und Konfirmanden am Gottesdienst
    Zu Beginn der Konfirmandenzeit werden die Konfirmandinnen und Konfirmanden im Gottesdienst begrüßt. Sie sollen regelmäßig am Gottesdienst teilnehmen und auch an dessen Gestaltung beteiligt werden.
  5. Organisation
    Die zeitliche und inhaltliche Organisationsform stimmt der Kirchenvorstand auf der Grundlage der kirchengesetzlichen Bestimmungen mit den Unterrichtenden ab. Der Dienstagnachmittag soll weiterhin von den Schulen für den Konfirmandenunterricht freigestellt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Konfirmandenzeit eine Gesamtdauer von mindestens 60 Zeitstunden behält. Um die Jugendlichen angemessen zu begleiten, sollte die Konfirmandenarbeit auf zwei Jahre verteilt werden. Am Ende steht eine Prüfung oder ein Gottesdienst , in dem die Jugendlichen zeigen, was sie in der Konfirmandenzeit an Neuem erfahren und erlebt haben und was es für sie heißt, als Christinnen und Christen zu leben.
  6. Aufschub der Konfirmation
    Die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte sollen ihre Kinder zur regelmäßigen Teilnahme an der Konfirmandenarbeit und am Gottesdienst anhalten und dafür sorgen, dass die Konfirmandenzeit von anderen Veranstaltungen freigehalten wird . Zeigt sich während der Unterrichtszeit, dass eine Konfirmandin oder ein Konfirmand sich dem Unterricht und dem Gottesdienst beharrlich entzieht oder das Bekenntnis der Kirche nachhaltig ablehnt, wird ihre oder seine Konfirmation aufgeschoben. Nach der Anhörung bzw. nach Gesprächen mit den Beteiligten trifft der Kirchenvorstand die Entscheidung. Die Erziehungsberechtigten, die religionsmündige Konfirmandin oder der religionsmündige Konfirmand können Beschwerde beim Landeskirchenamt einlegen. Dieses entscheidet nach Anhörung des Kirchenvorstands und Rücksprache mit der zuständigen Superintendentin oder dem zuständigen Superintendenten endgültig.
  7. Konfirmation Religionsmündiger
    Religionsmündige Gemeindemitglieder, die getauft, aber bisher nicht konfirmiert worden sind, können nach entsprechender Vorbereitung konfirmiert werden. Werden Religionsmündige getauft, so erübrigt sich die Konfirmation, weil hier Taufakt und Glaubensbekenntnis zusammen fallen.
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§ 2
Die Feier der Konfirmation

  1. Der Gottesdienst
    Die Konfirmation wird in einem Gemeindegottesdienst, in dem die Konfirmandinnen und Konfirmanden sich zur Taufe bekennen, gefeiert. Der Konfirmationsgottesdienst richtet sich nach der geltenden Agende. Konfirmiert werden alle, die durch regelmäßige Teilnahme an der Konfirmandenarbeit , am gemeindlichen Leben und am Gottesdienst mit den Grundlagen und Lebensvollzügen des christlichen Glaubens vertraut gemacht worden sind (Röm 10,17). Sie müssen vom Kirchenvorstand zur Konfirmation zugelassen worden sein.
  2. Taufe und Konfirmation
    Die Konfirmandenarbeit ist für die Getauften nachgeholter Taufunterricht. Für Ungetaufte ist sie die Taufvorbereitung. Ihre Taufe wird entweder in zeitlich deutlichem Abstand zum Konfirmationsgottesdienst oder anstelle der Konfirmation im Konfirmationsgottesdienst vollzogen.
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§ 3
Wirkungen der Konfirmation

( 1 ) Da das konfirmierende Handeln der Kirche sich auf das ganze Leben erstreckt, haben die Kirche und die Ortsgemeinde die Aufgabe, entsprechende Angebote für Konfirmierte bereit zu halten, auf sie zuzugehen und sie zur Beteiligung einzuladen.
( 2 ) Mit der Konfirmation wird das Recht verliehen, ein Patenamt zu übernehmen.
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§ 4
Beurkundung und Bescheinigung

( 1 ) Die Konfirmation ist nach der geltenden Fassung der Kirchenbuchordnung in den für die Amtshandlung vorgesehenen Kirchenbüchern und Verzeichnissen zu beurkunden.
( 2 ) Über die Konfirmation wird eine Konfirmationsurkunde ausgestellt.
( 3 ) Erfolgt im Konfirmationsgottesdienst die Taufe anstelle der Konfirmation, so ist sie im Taufbuch und auch ohne Nummer im Konfirmationsbuch zu dokumentieren.
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III. Kommentar

Die Wandlungen in Kirche und Gesellschaft müssen für die Gestaltung und Organisation der Konfirmandenarbeit beachtet werden.
  1. Die Schule nimmt im Leben der Jugendlichen oft einen großen Raum ein. Kirche und Schule müssen daher verbindliche Absprachen mit der Maßgabe treffen, dass genügend Zeit für die Konfirmandenarbeit zur Verfügung steht. Trotz verschiedener Organisationsformen bleibt der Dienstagnachmittag ein wesentlicher Zeitraum für die Konfirmandenarbeit und genießt daher auch weiterhin den besonderen Schutz der Schulen.
  2. Es liegt in der Verantwortung des Kirchenvorstandes, alternative Unterrichtskonzepte einzuführen, wobei die Inhalte und die Gesamtdauer für die Konfirmandenarbeit zu respektieren sind. Der gültige Rahmenplan ist zu beachten.
  3. Lerntheoretische Erkenntnisse haben sich erweitert. Eine Vielfalt an Methoden, Praktika, Exkursionen und Gemeinschaftserlebnissen in der Konfirmandenarbeit ermöglichen eine ganzheitliche christliche Bildung. Es ist wünschenswert, dass den Konfirmandinnen und Konfirmanden auch außerhalb der Ortsgemeinde Lernerfahrungen ermöglicht werden.
  4. Die Lebenswelt der Jugendlichen hat sich an vielen Stellen weit vom kirchlichen Leben entfernt. Das muss der Unterricht berücksichtigen. Es gilt, Wege und Formen zu finden, die die Jugendlichen als Subjekte des Lernprozesses ernst nehmen.
  5. Aufgrund von strukturellen Veränderungen in Gemeinden kann sich beim Kirchlichen Unterricht eine Kooperation mit Nachbargemeinden anbieten.
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5. Trauung

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

Die biblischen Texte bezeugen: Gott hat den Menschen zur Gemeinschaft geschaffen (Gen 2,18). In der Beziehung zwischen Jesus Christus und seiner Gemeinde zeigt sich, wie diese Gemeinschaft gelebt werden kann. Sie ist Vorbild jeder menschlichen Gemeinschaft (1 Kor 13,1-13). Christi Liebe und Hingabe, seine Treue und Vergebung sind Weisung für das gemeinsame Leben (Kol 3,12-17; Röm 15,7). In einem christlichen Lebensbündnis haben Liebe und Freude aneinander ihren Platz (Joh 2,1-12, Hld 6). Genauso wichtig ist die Bereitschaft, Lasten gemeinsam und stellvertretend füreinander zu tragen (Koh 3,9-12, Gal 6,2). In der Liebe zueinander erfahren Menschen, wie grenzenlos Gottes Liebe zu uns ist. Damit wird die Ehe auch zum Zeugnis der Liebe Gottes vor der Gemeinde und der Welt.
Sie ist wie jede Gemeinschaft verletzlich und von innen und von außen herausgefordert und gefährdet. 10 Darum braucht sie vielfältige Unterstützung und besonderen Schutz, Fürbitte und Segen (Apg 2,42) und rechtliche Sicherheit (Ex 20,14; Mt 5,27-31).
11 Nach evangelischem Verständnis setzt die Ehe den öffentlichen Konsens der Ehepartner voraus. 12 Der Traugottesdienst ist ein öffentlicher Gottesdienst, in dem beide gesegnet werden. 13 Vor dem Angesicht Gottes und vor der Gemeinde versprechen sie einander Treue und Verlässlichkeit.
14 Der Traugottesdienst ist ein Gottesdienst der Gemeinde und bezieht sich auf sie. 15 Die Ehepartner empfangen in ihm Gottes Segen, der sie ermutigt, in ihrem Alltag die Liebe Gottes zu bezeugen. 16 Die Gemeinde begleitet den Weg des Ehepaares in der Fürbitte. 17 Der Segen beschreibt den heilsamen Raum, in dem sich menschliche Beziehung vor Gott entfalten kann, er weiß aber auch um die Gefährdung und Schutzbedürftigkeit menschlichen Miteinanders. 18 Er gründet im Vertrauen auf die Gnade, die Gott Christinnen und Christen in der Taufe verheißen hat.
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II. Regelungen

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§ 1
Anmeldung des Traugottesdienstes

Ein Traugottesdienst wird gehalten, nachdem die standesamtliche Eheschließung im Sinn von §1353 Abs. 1 S.1 BGB nachgewiesen ist. Er soll mindestens vierzehn Tage vor dem beabsichtigten Termin bei der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer angemeldet werden.
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§ 2
Zuständigkeit

( 1 ) Den Traugottesdienst hält die Pfarrerin oder der Pfarrer der zuständigen Kirchengemeinde, zu der einer der beiden Ehepartner oder dessen Eltern gehören oder der sie nach der Eheschließung angehören werden.
( 2 ) Die Ehepartner können auch eine andere als die zuständige Pfarrerin oder einen anderen als den zuständigen Pfarrer bitten, den Traugottesdienst zu halten. In diesem Falle ist ein Dimissoriale (Einverständnis) der zuständigen Pfarrerin oder des zuständigen Pfarrers erforderlich. Dies gilt auch, wenn der Traugottesdienst in einer anderen Kirche stattfinden soll. Die Erteilung des Dimissoriales darf nur aus Gründen abgelehnt werden, aus denen ein Traugottesdienst abgelehnt werden kann (§ 7). Lehnt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer aus anderen schwerwiegenden Gründen das Dimissoriale ab, kann sie bzw. er dies nur im Benehmen mit der Superintendentin bzw. dem Superintendenten tun.
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§ 3
Traugespräch

Die Pfarrerin oder der Pfarrer, die oder der den Traugottesdienst hält, führt zuvor mit dem Paar ein Traugespräch. Darin sollen Gottes Verheißungen und biblische Orientierungen für das gemeinsame Leben zur Sprache kommen. Die zuständige Pfarrerin oder der zuständige Pfarrer verantwortet die Gestaltung des Gottesdienstes theologisch und berücksichtigt auf diesem Hintergrund die Wünsche und Vorstellungen des Paares.
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§ 4
Abkündigung und Fürbitte

Der Traugottesdienst wird zuvor in einem Gottesdienst bekannt gegeben. Die Ehepartner werden der Fürbitte der Gemeinde befohlen.
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§ 5
Traugottesdienst

( 1 ) Der Traugottesdienst wird nach der Ordnung der in der Gemeinde geltenden Agende gehalten. In Schriftlesung und Predigt werden die Verheißung und Weisung Gottes für das Zusammenleben verkündigt. Die Ehepartner bestätigen, dass sie unter dieser Zusage Gottes einander annehmen und füreinander einstehen wollen, solange sie leben.
( 2 ) Im Gebet bittet die Gemeinde für das Paar, dass sie beieinander bleiben, einander lieben und vertrauen auch in Zeiten, in denen dies schwerfällt. Was Gottes Wort verheißt, das wird dem Paar durch den Segen persönlich zugesprochen.
( 3 ) Der Traugottesdienst findet in der Regel in der Kirche am gottesdienstlichen Ort der versammelten Gemeinde statt. Traugottesdienste an anderen Orten bedürfen der Zustimmung des nach der Kirchenbuchordnung zuständigen Kirchenvorstandes.
( 4 ) In der Karwoche und am Bußtag finden keine Traugottesdienste statt.
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§ 6
Kirchenmitgliedschaft

( 1 ) Voraussetzung für den Traugottesdienst ist, dass einer der Ehepartner Mitglied der evangelischen Kirche ist.
( 2 ) Gehört einer der Ehepartner keiner christlichen Kirche an, kann ein Traugottesdienst gehalten werden, wenn dies dem ausdrücklichen Wunsch der evangelischen Ehepartnerin oder des evangelischen Ehepartners entspricht. Die oder der jeweils andere muss zustimmen und sich bereit erklären, das christliche Verständnis der Ehe zu achten. Eine Absprache über eine nicht-christliche Kindererziehung darf nicht getroffen sein.
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§ 7
Ablehnungsgründe

( 1 ) Der Traugottesdienst wird abgelehnt, wenn einer der Ehepartner den christlichen Glauben offenkundig verächtlich macht.
( 2 ) Der Traugottesdienst wird abgelehnt, wenn er aus seelsorgerlichen Gründen und vor der Gemeinde nicht verantwortet werden kann.
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§ 8
Zulässigkeit

( 1 ) Hat die Pfarrerin oder der Pfarrer Bedenken gegen den Traugottesdienst, informiert sie oder er den Kirchenvorstand, soweit dies ohne Verletzung der seelsorgerlichen Schweigepflicht möglich ist. Wird der Traugottesdienst von der Pfarrerin oder dem Pfarrer abgelehnt, können die Betroffenen über die Superintendentin oder den Superintendenten Beschwerde beim Landeskirchenamt einlegen. Dieses entscheidet endgültig.
( 2 ) Entscheidet das Landeskirchenamt, dass der Traugottesdienst zulässig ist, so ist die zuständige Pfarrerin oder der zuständige Pfarrer nicht verpflichtet, ihn zu halten; er ist dann einer anderen Pfarrerin oder einem anderen Pfarrer zu übertragen.
( 3 ) Nach der Scheidung einer Ehe schließt die evangelische Kirche einen erneuten Traugottesdienst nicht aus. Im Gespräch werden die Möglichkeit des Neuanfangs, aber auch die Weisung von Treue und Verantwortung füreinander in den Blick genommen.
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§ 9
Beurkundung und Trauschein

( 1 ) Der Traugottesdienst ist nach der geltenden Fassung der Kirchenbuchordnung in den für die Amtshandlung vorgesehenen Kirchenbüchern und Verzeichnissen zu beurkunden.
( 2 ) Über den Traugottesdienst wird den Ehepartnern eine Urkunde ausgestellt.
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§ 10
Feier der Ehejubiläen

In einem Gottesdienst anlässlich eines Ehejubiläums dankt die Gemeinde mit den Ehepartnern für die Gnade Gottes, die er ihnen erwiesen hat. Mit der versammelten Gemeinde bitten die Ehepartner um Gottes Segen und Geleit für ihr weiteres gemeinsames Leben.
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III. Kommentar

Lebensgeschichten gestalten sich in der heutigen Zeit in großer individueller Vielfalt. Dies hat Auswirkungen auf die gottesdienstliche Gestaltung und die Begleitung eines Paares durch die Pfarrerin oder den Pfarrer und die Gemeinde. Darüber hinaus bitten Paare um den Segen, die in unterschiedlichen Konfessionen oder Religionen beheimatet sind. Gelegentlich gibt es Menschen, die aus besonderen Lebenserfahrungen heraus keine Eheschließung vor dem Standesamt vollzogen haben, aber um den Segen für den gemeinsamen Weg bitten.
  1. Gottesdienstgestaltung
    Die Vielfalt individueller Lebensgeschichten soll in Predigt und Gottesdienstgestaltung zum Ausdruck kommen. Das Wort Gottes und der Segen werden als persönlicher Zuspruch empfangen.
    1.1 Das Paar soll bei der Bestimmung des Trautextes und bei der Auswahl von Lesungen und Gebeten einbezogen werden. Es kann entscheiden, ob Traufragen gestellt werden sollen oder die Ehepartner sich das Trauversprechen selbst zusprechen. Es kann den Kollektenzweck mitbestimmen.
    1.2 Wünsche im Blick auf Lieder und die musikalische Gestaltung sind willkommen. Sie sollen dem gottesdienstlichen Anlass entsprechen und müssen rechtzeitig mit der Kirchenmusikerin oder dem Kirchenmusiker abgestimmt werden.
    1.3 Der Traugottesdienst kann mit der Feier des Abendmahls verbunden werden. Die Trauhandlung kann auch in einem sonntäglichen Gemeindegottesdienst stattfinden.
    1.4 Familienangehörige oder dem Paar nahestehende Personen können bei der Gestaltung des Gottesdienstes mit einbezogen werden.
  2. Traugottesdienste, bei denen nur ein Partner der evangelischen Kirche angehört
    2.1 Die Ehe zwischen Christen verschiedener Konfessionen
    1. Eheschließung einer evangelischen Christin oder eines evangelischen Christen mit einem Mitglied einer evangelischen Freikirche
      Für den Traugottesdienst einer evangelischen Ehepartnerin oder eines evangelischen Ehepartners mit einer Christin oder einem Christen aus einer evangelischen Freikirche, die dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) angehört, gelten die gleichen Regelungen wie für den Traugottesdienst von Ehepartnern, die beide einer evangelischen Landeskirche angehören.
    2. Eheschließung einer evangelischen Christin oder eines evangelischen Christen mit einem römisch-katholischen Christen oder einer römisch-katholischen Christin
      In einer Zeit größerer ökumenischer Offenheit zwischen den Kirchen und der Besinnung auf das gemeinsame christliche Erbe bieten die beiden großen Konfessionen heute die Möglichkeit eines Traugottesdienstes konfessionsverschiedener Paare an, auch wenn die unterschiedlichen Eheverständnisse noch nicht überwunden sind. Es bleibt den Ehepartnern überlassen, zwischen einem Gottesdienst in der römisch-katholischen oder der evangelischen Kirche zu wählen. Die Beteiligung einer Pfarrerin bzw. eines Pfarrers der jeweils anderen Konfession ist möglich. Das Traugespräch soll mit beiden Geistlichen stattfinden. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der EKD haben für den Traugottesdienst konfessionsverschiedener Paare unter Beteiligung von Geistlichen beider Konfessionen gemeinsam zwei Ordnungen herausgegeben. Je nachdem, in welcher Kirche der Gottesdienst stattfindet, soll die eine oder die andere Ordnung Anwendung finden. Der Traugottesdienst in einem evangelischen Gottesdienst wird von der römisch-katholischen Kirche nur dann als gültig anerkannt, wenn das Paar sich vom zuständigen katholischen Bischof einen Dispens von der Formpflicht zur Eheschließung nach dem römisch-katholischen Ritus erteilen lässt. Dadurch behält die römisch-katholische Ehepartnerin oder der römisch-katholische Ehepartner die kirchlichen Rechte, etwa die Zulassung zur Feier der Eucharistie; darauf ist das Paar im Traugespräch hinzuweisen.
    3. Eheschließung einer evangelischen Christin oder eines evangelischen Christen mit einem orthodoxen Christen oder einer orthodoxen Christin
      Ein gemeinsamer Traugottesdienst von evangelischen und orthodoxen Christinnen und Christen ist nach den Grundsätzen der orthodoxen Kirchen nicht möglich. Die orthodoxen Kirchen erwarten von ihren Mitgliedern, dass sie sich nach orthodoxem Ritus trauen lassen. Sie gehen davon aus, dass Kinder orthodoxer Christinnen und Christen in der orthodoxen Kirche getauft und in diesem Glauben erzogen werden. Nach ihrem Verständnis ist es möglich, dass die Pfarrerin oder der Pfarrer des jeweils anderen christlichen Ehegatten nach Beendigung des orthodoxen Traugottesdienstes ein Grußwort an die Getrauten richtet und ein Fürbittengebet spricht.
    4. Die Ehe zwischen einer evangelischen Christin oder einem evangelischen Christen und einer beziehungsweise einem Angehörigen einer christlichen Religionsgemeinschaft
      Wenn eine evangelische Christin oder ein evangelischer Christ einen Angehörigen oder eine Angehörige aus einer christlichen Religionsgemeinschaft, die in keiner geordneten Beziehung zur EKD steht, heiratet und um eine kirchliche Handlung bittet, so kann ein Traugottesdienst stattfinden. Der Bitte darf entsprochen werden, wenn sinngemäß die unter § 6 genannten Empfehlungen für die Ehe zwischen Christen und Nichtchristen Berücksichtigung finden.
    2.2 Die Ehe zwischen einer Christin oder einem Christen und einer oder einem Angehörigen einer anderen Religionsgemeinschaft
    Ein Traugottesdienst, bei denen eine Partnerin oder ein Partner entweder zu einer nicht christlichen Religionsgemeinschaft gehört oder religionslos ist, kann nur dann stattfinden, wenn
    1. beide Ehepartner gewillt sind, eine monogame Ehe auf Lebenszeit zu führen,
    2. die nicht christliche Partnerin oder der nicht christliche Partner erklärt, den evangelischen Ehepartner oder die evangelische Ehepartnerin in der Ausübung seines oder ihres Glaubens nicht zu behindern,
    3. die nicht christliche Partnerin oder der nicht christliche Partner den Wunsch nach einer kirchlichen Handlung ausdrücklich billigt.
    Ob mit den Ehepartnern ein Traugottesdienst gefeiert werden kann, entscheidet sich daran, ob die evangelische Partnerin oder der evangelische Partner einen solchen Gottesdienst ernsthaft wünscht. Dabei ist zu bedenken, dass sich Amtshandlungen zwar grundsätzlich auf Gemeindemitglieder beziehen, andererseits aber Verkündigung und Gebet als die entscheidenden Bestandteile eines christlichen Gottesdienstes nicht an die Zugehörigkeit zur christlichen Kirche gebunden sind. Ein Traugottesdienst kann auch der nicht christlichen Partnerin oder dem nicht christlichen Partner und ihren oder seinen Angehörigen den christlichen Glauben und das christliche Verständnis der Ehe nahebringen. Im Gespräch vor einem solchen Gottesdienst muss erwogen werden, ob ein Trauversprechen gegeben und der Segen zugesprochen werden kann. In manchen Fällen wird es möglich sein, das Paar für eine Erziehung der Kinder im christlichen Glauben zu gewinnen.
    2.3 Die Eheschließung zwischen Mitgliedern der evangelischen Kirche und Menschen, die nach staatlichem Recht aus der Kirche ausgetreten sind oder nie Mitglied einer Kirche waren
    Wenn es sich bei einem der Ehepartner um einen aus der Kirche Ausgetretenen oder jemanden handelt, der nie einer Kirche angehört hat, so ist die Bitte des Mitglieds der evangelischen Kirche um einen Traugottesdienst besonders sorgfältig zu prüfen. Eine Zustimmung soll nur dann möglich sein, wenn die Partnerin oder der Partner, die oder der keiner Kirche angehört, der christlichen Botschaft gegenüber offen ist. Die evangelische Ehepartnerin oder der evangelische Ehepartner darf in der Ausübung ihres oder seines Glaubens nicht gehindert werden. Gegenüber einer christlichen Kindererziehung dürfen keine Einwände erhoben werden. Darüber hinaus sollte die Partnerin oder der Partner, die oder der keiner Kirche angehört, auf ihre oder seine Taufe als Eingliederung in den Leib Christi und das heißt: in eine konkrete Gemeinde, angesprochen werden. Es soll eine Einladung ausgesprochen werden, wieder in die Kirche einzutreten bzw. sich taufen zu lassen. Die Wiederaufnahme oder die Taufe dürfen allerdings nicht die Bedingung für die kirchliche Handlung sein.
    2.4 Begleitung für Paare, die keine Ehe vor dem Standesamt schließen möchten oder können
    Zur individuellen Vielfalt von Lebensgeschichten gehört auch, dass Menschen aus nachvollziehbaren Gründen eine Partnerschaft ohne Beurkundung oder Eintragung beim Standesamt leben. So finden sich z.B. Paare nach dem Verlust einer Partnerin oder eines Partners neu zusammen. Manche Paare leben seit Jahren oder Jahrzehnten zusammen und entdecken nun erst den Wunsch nach christlicher Begleitung. Tritt ein Paar ohne standesamtliche Trauung an die Pfarrerin oder den Pfarrer mit der Bitte um Begleitung heran, ist gemeinsam zu überlegen, in welcher Form dies geschehen kann. Zu denken ist hier an Andacht mit Fürbitte und Segen.
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6. Bestattung

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

  1. Die kirchliche Bestattung ist ein öffentlicher Gottesdienst, in dem der Tod eines Gemeindemitgliedes und die Trauer der Angehörigen in das Licht des Wortes Gottes gestellt werden. Er umfasst Verkündigung, Lob, Klage, Dank und Gebet in der Kapelle oder Kirche und die Beisetzung.
  2. Der kirchliche Bestattung ist angesichts des Todes ein öffentliches Zeugnis für die Hoffnung auf die Wirklichkeit der Auferstehung (1 Petr 3,15). Sie ist eingefügt in den Weg der Gemeinschaft der Getauften, der z. B. die Sterbebegleitung, die Aussegnung, seelsorgerliches Gespräch und Begleitung und die Fürbitte der Gemeinde im Gottesdienst umfassen kann (Röm 12,13.26).
  3. Im Gottesdienst zur Bestattung wird der Gemeinde die Hoffnung über Schuld und Tod hinaus bezeugt, die in der Auferstehung Jesu Christi von den Toten gründet (1 Kor 15, 3-5;1 Thess 4,13f).
  4. Die Gemeinschaft der Getauften nimmt Abschied von einem Mitglied und vergewissert sich der Verheißung, die in der Taufe ausgesprochen ist (Röm 6,3f).
  5. Im Gottesdienst zur Bestattung dankt die Gemeinde für das Leben, das Gott der oder dem Verstorbenen gegeben hat und für alles, was sie durch dieses Leben empfangen hat. Sie empfängt Trost aus der Gewissheit, dass die, die zu Christus gehören, in Christus verbunden bleiben und dass sie nichts von seiner Liebe trennen kann (Röm 8,38f).
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II. Regelungen

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§ 1
Zuständigkeit

( 1 ) Die kirchliche Bestattung setzt grundsätzlich voraus, dass der oder die Verstorbene der evangelischen Kirche angehört hat. In Ausnahmefällen kann eine evangelische Pfarrerin oder ein evangelischer Pfarrer nach Absprache ein Mitglied einer anderen christlichen Kirche bestatten.
( 2 ) War die oder der Verstorbene gemäß den staatlichen Regelungen aus der Kirche ausgetreten oder hat sie oder er der Kirche nie angehört, so kann auf Bitten der Angehörigen eine kirchliche Trauerfeier stattfinden. Sie kann dann durchgeführt werden, wenn sie aus seelsorgerlichen Gründen geboten erscheint, der oder die Verstorbene sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat und sie im Blick auf ihre oder seine Einstellung zur evangelischen Kirche verantwortet werden kann. Verstirbt ein Kind, das nicht getauft war, so kann es kirchlich bestattet werden, wenn seine Eltern es wünschen.
( 3 ) Die kirchliche Bestattung hält die Pfarrerin oder der Pfarrer, zu deren oder dessen Gemeinde oder Pfarrbezirk die oder der Verstorbene gehört hat.
( 4 ) Wenn Angehörige aus besonderen Gründen eine andere Pfarrerin oder einen anderen Pfarrer wünschen, ist die Zustimmung der zuständigen Pfarrerin oder des zuständigen Pfarrers erforderlich (Dimissoriale). Die Erteilung des Dimissoriales darf aus Gründen abgelehnt werden, aus denen eine kirchliche Bestattung abgelehnt wird. Lehnt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer aus anderen schwerwiegenden Gründen das Dimissoriale ab, so kann sie oder er dies nur im Benehmen mit der Superintendentin oder dem Superintendenten tun.
( 5 ) Lehnt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer die kirchliche Bestattung ab, so steht den Angehörigen die Beschwerde über die Superintendentin oder den Superintendenten beim Landeskirchenamt zu. Dieses entscheidet endgültig.
( 6 ) Entscheidet das Landeskirchenamt, dass die kirchliche Bestattung zu verantworten ist, so ist die zuständige Pfarrerin oder der zuständige Pfarrer nicht verpflichtet, sie vorzunehmen. Sie ist einer anderen Pfarrerin oder einem anderen Pfarrer zu übertragen.
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§ 2
Anmeldung der Bestattung

Die Angehörigen der oder des Verstorbenen oder in ihrem Auftrag ein Bestattungsinstitut melden den Sterbefall bei der zuständigen Pfarrerin oder dem der zuständigen Pfarrer an und stimmen mit ihnen einen Termin für den Gottesdienst zur Bestattung und die Beisetzung und für das vorausgehende Trauergespräch ab.
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§ 3
Das Gespräch mit den Angehörigen

Das Gespräch mit den Angehörigen dient der Vorbereitung des Gottesdienstes zur Bestattung und ist zugleich ein seelsorgerliches Gespräch, in dem Trauer, Schuld und der Trost des Evangeliums zur Sprache kommen können.
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§ 4
Der Gottesdienst zur Bestattung

( 1 ) Der Gottesdienst zur Bestattung wird nach der geltenden Agende gehalten.
( 2 ) Die Mitgestaltung des Gottesdienstes durch Angehörige oder Gemeindemitglieder ist möglich und macht deutlich, dass die Bestattung Aufgabe einer Gemeinschaft ist.
( 3 ) Musikalische Wünsche der oder des Verstorbenen oder der Angehörigen können berücksichtigt werden, sofern sie dem Sinn der kirchlichen Bestattung und dem gottesdienstlichen Anlass entsprechen. Sie müssen rechtzeitig mit der Kirchenmusikerin oder dem Kirchenmusiker abgestimmt werden.
( 4 ) Bei Wortbeiträgen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem gottesdienstlichen Anlass stehen, ist sorgfältig zu prüfen, ob sie im Rahmen des Gottesdienstes oder im Anschluss ihren Ort haben sollen.
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§ 5
Abkündigung und Fürbitte

Im Sonntagsgottesdienst wird die oder der Verstorbene genannt. Die Gemeinde befiehlt sie oder ihn der Gnade Gottes an und hält die Fürbitte für die Angehörigen.
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§ 6
Beurkundung und Bescheinigung

( 1 ) Die kirchliche Bestattung ist nach der geltenden Fassung der Kirchenbuchordnung in den für die Amtshandlung vorgesehenen Kirchenbüchern und Verzeichnissen zu beurkunden.
( 2 ) Den Angehörigen kann eine Bescheinigung über die Bestattung ausgestellt werden.
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III. Kommentar

  1. Die theologische Verantwortung des Gottesdienstes zur Bestattung liegt bei der Pfarrerin oder dem Pfarrer, die oder der ihn durchführt. Die Beisetzung ist dabei der zweite Teil dieses Gottesdienstes und erfordert, auch wenn sie in zeitlichem Abstand erfolgt, die Leitung und Mitwirkung der Pfarrerin oder des Pfarrers. Lediglich bei Bestattungen auf See wird diese Mitwirkung nicht immer möglich sein. Auch dort, wo bei „anonymen“ Beisetzungen die Möglichkeit besteht, Angehörige zu begleiten, sollte sie wahrgenommen werden.
  2. Die agendarische Ordnung des Gottesdienstes zur Bestattung und auch die dort angebotene liturgisch geprägte sprachliche Gestalt helfen den Angehörigen und der Pfarrerin oder dem Pfarrer, weil sie Sicherheit in der Form gewähren und vor Subjektivismus schützen. Das spricht nicht gegen eine persönliche und zugewandte Gestaltung des Gottesdienstes, nimmt aber ernst, dass es angesichts des Todes wie aber auch im Blick auf die Hoffnung, die von Gottes Wort ausgeht, keine Unterschiede der Person gibt.
  3. Die Bestattung ist seit den Anfängen der Christenheit eine diakonische Aufgabe der Gemeinde gewesen. Deshalb soll sie sich dafür einsetzen, dass auch Menschen, die mittellos und oft auch ohne Angehörige sind, in einer würdigen Form bestattet werden.
  4. Bestattungsformen sind einem ständigen Wandel unterworfen. Der Gottesdienst zur Bestattung bietet Menschen die Möglichkeit, im Licht des Evangeliums würdevoll Abschied zu nehmen. Aus evangelischer Sicht sind in der Auseinandersetzung mit den Erwartungen Angehöriger und mit veränderten Bestattungsformen diese Dinge zu bedenken:
    4.1 Es ist hilfreich, neben den üblichen Trauerkapellen auch die Kirchen als Ort für den Gottesdienst zur Bestattung zu nutzen. So wird deutlich, dass die Gemeinde an dem Ort, an dem Menschen zum Gottesdienst zusammenkommen, an dem sie getauft, konfirmiert und getraut werden, auch Abschied von ihnen nehmen und sich trösten lassen kann.
    4.2 Gelegentlich äußern Angehörige den Wunsch nach einer „stillen Beisetzung“, bei der die Pfarrerin oder der Pfarrer nur am Grab ein Gebet und den Segen sprechen soll. Hier ist auf der Grundlage des kirchlichen Auftrags in behutsamer Weise nach den Gründen für diesen Wunsch zu fragen und die Möglichkeit des Trostes und des würdigen Abschieds in einem Gottesdienst ins Gespräch zu bringen.
    4.3 Es sollen Bestattungsformen unterstützt werden, bei denen der Name und die Lebensdaten der oder des Verstorbenen erkennbar sind. Friedhöfe und Friedwälder sind Orte des Gedenkens und können zum Ausdruck bringen, dass eine Gemeinde sich an ihre Mitglieder erinnert.
    4.4 Bei einer Feuerbestattung sollte der Zeitraum zwischen dem Gottesdienst zur Bestattung und der Beisetzung der Urne nicht zu lang sein. Das Bestattungsgesetz gibt den Rahmen von höchstens 6 Wochen vor, die seelsorgerliche Erfahrung legt aber nahe, dass es für die Angehörigen hilfreicher ist, Gottesdienst und Beisetzung nahe aneinander zu rücken und sie nicht anderen Terminfragen zu unterwerfen.
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7. Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche durch Aufnahme oder Wiederaufnahme

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I. Biblisch-theologische Grundlegung

Durch die Taufe auf den Namen Jesu Christi werden Menschen, Erwachsene wie Kinder, in die Gemeinschaft der Kirche Jesu Christi aufgenommen (Mt 28,20). Das gilt auch dann, wenn sie in einer anderen als in der evangelischen Kirche getauft wurden. Möchte ein getaufter Christ oder eine getaufte Christin in die evangelische Kirche aufgenommen werden, so wird die Taufe anerkannt.
Nach evangelischem Verständnis ist die Taufe Zeichen des Handelns Gottes am Menschen. Der Austritt aus der Kirche gemäß den staatlichen Bestimmungen macht die Taufe nicht ungültig.
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II. Regelungen

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§ 1
Zugehörigkeit durch Aufnahme in die Kirche

( 1 ) Eine getaufte und religionsmündige Christin oder ein getaufter und religionsmündiger Christ, die oder der Mitglied einer anderen christlichen Kirche war, wird auf ihren oder seinen Antrag durch Beschluss des zuständigen Kirchenvorstandes Mitglied der evangelischen Kirche.
( 2 ) Wer gegenüber einer anderen als der örtlich zuständigen Kirchengemeinde seinen Antrag auf Aufnahme in die evangelische Kirche stellt, wird durch Beschluss des Kirchenvorstandes der gewünschten Kirchengemeinde Mitglied dieser Kirchengemeinde. Der Antrag dokumentiert in diesem Fall die erkennbare kirchliche Bindung im Sinne von § 2 der Verordnung über die Gemeindezugehörigkeit in besonderen Fällen.
( 3 ) Der Beschlussfassung durch den Kirchenvorstand geht ein Gespräch zwischen der Antragstellerin oder dem Antragsteller und der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer voraus, das die Bedeutung der Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche zum Inhalt hat und in die Lehre und das Leben der evangelischen Kirche einführt.
( 4 ) Die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche beinhaltet alle Rechte und Pflichten eines evangelischen Gemeindemitgliedes. Sie findet ihren Ausdruck in der Teilnahme am Gottesdienst, am Abendmahl und am weiteren Leben der Gemeinde. Sie ermöglicht die Übernahme des Patenamtes.
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§ 2
Zugehörigkeit durch Wiederaufnahme

( 1 ) Wer aus der evangelischen Kirche gemäß den staatlichen Bestimmungen ausgetreten ist, wird auf seinen Antrag durch Beschluss des zuständigen Kirchenvorstandes wieder Mitglied der evangelischen Kirche.
( 2 ) Wer aus der evangelischen Kirche gemäß den staatlichen Bestimmungen ausgetreten ist und gegenüber einer anderen als der örtlich zuständigen Kirchengemeinde seinen Antrag auf Wiederaufnahme in die Kirche stellt, wird durch Beschluss des Kirchenvorstandes der gewünschten Kirchengemeinde Mitglied dieser Kirchengemeinde. Der Antrag dokumentiert in diesem Fall die erkennbare kirchliche Bindung im Sinne von § 2 der Verordnung über die Gemeindezugehörigkeit in besonderen Fällen.
( 3 ) Der Beschlussfassung durch den Kirchenvorstand geht ein Gespräch zwischen der Antragstellerin oder dem Antragsteller und der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer voraus, das die Bedeutung der Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche zum Inhalt hat und, falls nötig, in die Lehre und das Leben der evangelischen Kirche einführt.
( 4 ) Die erneute Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche beinhaltet alle Rechte und Pflichten eines evangelischen Gemeindemitgliedes. Sie findet ihren Ausdruck in der Teilnahme am Gottesdienst, am Abendmahl und am weiteren Leben der Gemeinde. Sie ermöglicht die Übernahme des Patenamtes.
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§ 3
Aufnahme und Wiederaufnahme in die evangelische Kirche in einer Wiedereintrittsstelle

( 1 ) Die Auf- und Wiederaufnahme in die evangelische Kirche kann auch bei einer Wiedereintrittsstelle beantragt werden. Die Entscheidung über den Antrag trifft die Pfarrerin oder der Pfarrer, die oder der für die Wiedereintrittsstelle zuständig ist. Vor der Entscheidung kann eine Stellungnahme der Kirchengemeinde des Wohnsitzes eingeholt werden.
( 2 ) Wird eine andere Gemeindezugehörigkeit als zu der des Wohnsitzes gewünscht, ist der Kirchenvorstand der gewünschten Kirchengemeinde zu hören.
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§ 4
Beschwerderecht

Lehnt ein Kirchenvorstand einen Antrag auf Aufnahme in die evangelische Kirche ab, so ist innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Landeskirchenamt zulässig. Dieses entscheidet nach Anhörung des betreffenden Kirchenvorstandes und im Benehmen mit der zuständigen Superintendentin oder dem zuständigen Superintendenten endgültig und teilt dem betreffenden Kirchenvorstand die Entscheidung mit.
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III. Kommentar

  1. Der Auftrag, Menschen in die Gemeinschaft Jesu Christi einzuladen, gilt in besonderer Weise für Menschen, die ihren Austritt aus der Kirche gemäß den staatlichen Bestimmungen erklärt oder nie der Kirche angehört haben. Ist jemand nicht getauft, geschieht die Aufnahme in die evangelische Kirche durch die Taufe. Ist jemand bereits getauft, handelt es sich um eine Aufnahme bzw. eine Wiederaufnahme, bei der die Taufe anerkannt wird.
  2. Um es bei der Aufnahme in die evangelische Kirche nicht bei einem formalen Akt bewenden zu lassen, sind die Gespräche wichtig, die im Zusammenhang mit der Aufnahme stattfinden. Sie können informativen, aber auch seelsorgerlichen Charakter haben. Im Bereich der Wiedereintrittsstellen führen die dafür zuständigen Pfarrerinnen oder Pfarrer diese Gespräche.
  3. Es ist hilfreich, wenn die Aufnahme in die evangelische Kirche im Zusammenhang mit einem Gottesdienst vollzogen wird, gerade auch dann, wenn der Antrag in einer Wiedereintrittsstelle gestellt wurde. Selbstverständlich muss die Person, die in die evangelische Kirche aufgenommen wird, nicht im Gottesdienst benannt werden, aber sie kann z. B. im Anschluss von Kirchenältesten begrüßt und willkommen geheißen werden. Hilfreich ist es außerdem, wenn Gemeinden neue Gemeindemitglieder zu einem Begrüßungstreffen einladen.
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8. Schlussbestimmung

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§ 1
Ausführungsbestimmungen

Die zur Ausführung dieses Kirchengesetzes erforderlichen Bestimmungen werden vom Landeskirchenrat erlassen.
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§ 2
Inkrafttreten/Übergangsbestimmungen

( 1 ) Diese Lebensordnung tritt am 1. Juli 2019 in Kraft.
( 2 ) Die der Neufassung entgegenstehenden Bestimmungen treten mit Inkrafttreten der Neufassung außer Kraft.
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